Livestream-Setup am Beispiel einer Hybrid-Tagung

Am Beispiel der Jahrestagung eines Verlags wird der Aufbau eines Livestream-Setups exemplarisch dargestellt. In diesem Beitrag wird auf Software, Tonabnahme, Kameras, die Integration von Präsentationen und der Online-Teilnehmer*innen eingegangen.

Szenario: Hybride Sitzung mit Zoom

Die Mitglieder des Verlags treffen sich hybrid zur Jahrestagung. Ca. 10 Personen sind im Tagungsraum anwesend, weitere 20 Personen werden online zugeschaltet. Zum Einsatz kommt das Videokonferenz-Tool Zoom.

PC mit OBS und Zoom

Auf dem Livestream-PC läuft die Studio-Software OBS und die Videokonferenz-Software Zoom. Die „Virtuelle Webcam“ gibt das Videosignal von OBS an Zoom weiter. Es ist auch möglich, das Videosignal direkt vom externen Videomischpult an Zoom zu schicken, der Umweg über OBS ermöglicht aber das Einspielen von Grafiken, Logos und weiterer Medieninhalte.

Das Audiosignal kann direkt an Zoom übergeben werden. Ein Durchschleifen des Tons durch OBS ist mit dem Plugin „Virtual Cable“ möglich, aber umständlich und in diesem Fall nicht erforderlich.
Der Einsatz eines zweiten Monitors ist hilfreich, um OBS und Zoom gleichzeitig im Blick behalten zu können.

 

Tonabnahme

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie der Ton vom Veranstaltungsraum zu den Online-Teilnehmer*innen gelangen kann. Grundsätzlich sollte jede*r Sprecher*in direkt in ein Mikrofon hinein sprechen. Ein „Saal-Mikrofon“ in der Mitte des Raums liefert zu viel Raumhall und Störgeräusche. Personen klingen unterschiedlich laut, je nach dem, wie nah sie am Mikrofon dran sind.
In diesem Fall gibt es drei Mikrofone auf dem Podium und ein Funk-Mikrofon für Wortmeldungen der übrigen Teilnehmer*innen.

Funk-Mikrofon für Wortbeiträge der Teilnehmer*innen

Für die Versammlungsleitung auf dem Podium werden Kondensatormikrofone eingesetzt, die im Gegensatz zu dynamischen Bühnenmikrofonen eine höhere Empfindlichkeit haben. Der Abstand Mund zu Mikrofon hat einen geringeren Einfluss auf die Lautstärke, zudem wird mehr Ton aus der Umgebung aufgenommen, was in diesem Fall von Vorteil sein kann.

Für das Podium wären auch Lavaliermikrofone (Ansteckmikrofone) denkbar gewesen. Da aber keine Bewegungsfreiheit erforderlich war, schienen Tischmikrofone mit Kabel die bessere Wahl. Lavaliermikrofone mit Funkstrecke hätten über den langen Zeitraum der Konferenz Probleme mit dem Akku gehabt, sind (je nach Funkfrequenz) anfällig für Störungen und können bei unterschiedlichen Latenzen Hall erzeugen, der sich negativ auf die Sprachverständlichkeit auswirkt.

Ein Tontechniker, der sich während der gesamtem Veranstaltung mit der Tonmischung beschäftigt (Regelung der einzelnen Mikrofonkanäle), kann ein großer Gewinn für die Sprachverständlichkeit sein.

 

Audio-Routing

Das große analoge Mischpult braucht zwar viel Platz, hat aber den Vorteil, umfangreiche Kontrolle über die Signale der einzelnen Kanälen zu behalten und schnell eingreifen zu können. Das Main-Signal (Tonmischung) geht analog zum Videomischpult, wo es für die weitere Verwendung digitalisiert wird und erhält ca. 1-2 Frames Delay, da das Bildsignal in der Regeln ein bisschen langsamer ist.

Der Ton der Online-Teilnehmer*innen wird über den Standard-Audioausgang des Livestream-PCs ausgegeben. In diesem Fall wird er durch das Mischpult geschleift (nicht auf das Main-Signal gelegt, sondern nur über AUX wieder ausgegeben!). Dies hat den Vorteil, dass längere Kabelstrecken ohne Störgeräusche verwendet werden können (eine DI-Box hätte die selbe Funktion) und eine Lautstärkeregelung über das Mischpult möglich ist. Die verschiedenen Online-Teilnehmer*innen sprechen durchaus in sehr unterschiedlichen Lautstärken, so dass schnelles Eingreifen oft erforderlich ist.

 

Ton abhören

Es stellt sich die Frage, an welcher Stelle der Ton am sinnvollsten abgehört wird. Hier wird der Ausgang des Vorschau-Monitors an der Multiview-Ausgabe des Videomischpults verwendet. An dieser Stelle können die Bearbeitung durch das analoge Mischpult, wie auch die digitale Bearbeitung im Audio-Bereich des Videomischpults abgehört werden. Allerdings hat man an dieser Stelle nicht den Originalton, der in der Zoom-Konferenz ankommt, so dass Fehler unbemerkt bleiben können.

Am Vorschaumonitor wird auch das Audio-Signal abgehört

Zoom bearbeitet den Ton nochmals, was im Sinne der Sprachverständlichkeit durchaus Sinn machen kann. Ist man der Meinung, den perfekten Ton bereits selbst zu liefern, bietet Zoom die Option „Originalton einschalten“.

Es empfiehlt sich, vor Beginn der Veranstaltung einen Audio-Check mit einem Online-Teilnehmer durchzuführen. Alternativ kann man sich mit einem weiteren Gerät (z.B. Smartphone) in die Konferenz einwählen und per Kopfhörer den Ton aus der Konferenz abhören (Mikrofon ausschalten, um Rückkopplungen zu vermeiden!).

 

Präsentation per Beamer

HDMI-Capture-Karte

Mit einem Beamer werden Tagesordnung, Textentwürfe und weitere Informationen im Veranstaltungsraum an die Wand geworfen. Über den externen Monitorausgang des Präsentations-PCs wird das Bildsignal an eine HDMI-Capture-Karte weitergegeben, vom Livestream-PC mit OBS abgegriffen und an den Beamer weitergeleitet. So kann das Leinwand-Bild auch dem Online-Publikum gezeigt werden. Auch eine Bild-in-Bild-Ansicht mit Präsentation und Sprecher*in kann leicht realisiert werden.

Alternativ könnte die Präsentation über die Zoom-Funktion „Bildschirmfreigabe“ eingespielt werden, mit dem Nachteil, dass der Präsenations-PC zusätzlich bei Zoom eingewählt sein muss oder alles über den Livestream-PC laufen muss, was schnell zur Überforderung des Bedienenden führen kann.

 

Kamera-Setup

Es kommen vier Kameras zum Einsatz:

  • eine Kamera für die Versammlungsleitung
  • eine Kamera für den Veranstaltungsraum aus Sicht der Versammlungsleitung (wichtig für Abstimmungen)
  • eine Kamera für den Veranstaltungsraum aus gegenüberliegender Sicht
  • eine bewegliche Kamera für Teilnehmende während ihrer Wortbeiträge

Per Videomischpult werden die Bildsignale gesteuert und an den Livestream-PC weitergegeben. Um Akkuwechsel zu vermeiden, werden für die Kameras Netzteile verwendet. Bildsignale zu harmonisieren ist nicht immer einfach.

Neben der Helligkeit ist der wichtigste Faktor der Weißabgleich. Es empfiehlt sich daher, einige Minuten Zeit zu investieren und bei einer Kamera einen manuellen Weißabgleich zu tätigen. Der Wert kann als Referenz bei den anderen Kameras eingegeben werden. Allerdings müssen unterschiedliche Lichtquellen beachtet werden, wie Beamer, Deckenlampen, Fensterlicht etc, die in den jeweiligen Perspektiven unterschiedliche Effekte auf das Bild haben können.

Im Beispiel wurde ein Scheinwerfer (Farbtemperatur 5600K) gegen die Decke gerichtet, um durch indirekte Beleuchtung ein gleichmäßiges Raumlicht, passend zum Fensterlicht, zu erzeugen. Andernfalls hätte der Beamer – auch bei Tag – einen zu starken Effekt auf die Gesamtbeleuchtung gehabt.

 

Integration der Online-Teilnehmer*innen

HDMI-Splitter

Die online zugeschalteten Teilnehmer*innen werden im Saal auf einem TV-Gerät und für die gegenüber sitzenden Personen auf dem Podium zusätzlich auf einem Monitor wiedergegeben. Das Signal wird mit einem aktiven HDMI-Splitter dupliziert. Der Ton der Online-Teilnehmer*innen kommt über eine Lautsprecherbox.

Bei der Aufstellung sollte darauf geachtet werden, diese nicht zu nah an den Mikrofonen aufzustellen. Gibt es eine direkte, dialogartige Kommunikation zwischen den präsent anwesenden und online zugeschalteten Personen, sollte der Monitor möglichst in der selben vertikalen Achse, wie die Kamera aufgestellt werden. Dann fühlen sich die Personen direkt angesehen. Steht die Kamera links oder rechts neben dem Monitor, wirkt es, als würden sich die Personen nicht richtig ansehen.

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