Reisefotografie: La Palma – Zwei Wochen mit dem Vulkan

So war der Urlaub natürlich nicht geplant. Dass irgendwann auf La Palma wieder ein Vulkan ausbrechen würde, war klar. Aber wann und wo genau, das konnte die Wissenschaft nicht voraussagen. Der Ausbruch des Vulkans am Massiv Cumbre Vieja kam daher für alle überraschend und rein zufällig fiel er mit einem länger geplanten Urlaub zusammen.

Vorab stellte sich uns die Frage, ob der Urlaub überhaupt stattfinden kann. Die Gefahren des Naturereignisses auf der einen Seite, der Vorwurf, “Katastrophentourismus” zu betreiben auf der anderen Seite… Letztlich fiel die Entscheidung aber dafür und es war gut so.

Rauch und Asche lagert sich je nach Wind und Wetter in verschiedenen Schichten auf der Landschaft ab. Aus einem Schlot kommt weiß-gelber Rauch, der andere stößt hingegen tief schwarzen Ruß aus.

Cumbre Vieja

Ein Vulkanausbruch ist ein faszinierendes Naturereignis. Gleichermaßen ist es jedoch auch eine tragische Naturkatastrophe. Stand Anfang November wurden bereits mehr als 2500 Häuser von der Lava vernichtet, darunter ganze Ortschaften, wie Todoque. Der südwestliche Teil der Insel ist faktisch abgeschnitten, viele Zufahrtsstraßen und Infrastruktur sind zerstört. Die Menschen in den Dörfern und Städten um den Vulkan, vor allem El Paso, Los Llanos und Tazacorte im Aridanetal, leiden unter ständigem Lärm, Erbeben und der omnipräsenten Asche, die Hausdächer, Straßen, Spielplätze, Balkone, einfach alles bedeckt. An manchen Tagen war vor lauter Asche kaum die Sonne zu sehen. Eine FFP2-Maske und eine Schutzbrille für die Augen waren nötig, um einigermaßen geschützt das Haus verlassen zu können.

Dennoch scheinen die kanarischen Behörden vieles richtig gemacht zu haben, denn Meldungen über Verletzte oder gar Tote gab es bis dato nicht. Das Katastrophenmanagement des Krisenstabs PEVOLCA scheint insgesamt gut funktioniert zu haben. Positiv soll an dieser Stelle auch das Vulkanologische Institut der Kanaren Involcan erwähnt werden, dass durch seine regelmäßigen Social Media Postings alle Interessierten kontinuierlich mit verständlichen Informationen und aktuellen Bildern des Vulkans versorgt hat. Der kurze Blick aufs Handy ist dann doch bequemer, als mal eben zum nächsten Aussichtspunkt zu fahren.

In dieser Nacht war die Lavafontäne mit Abstand am höchten. Unglaubliche 600 Meter hat Involcan dazu kommuniziert.

Katastrophentourismus?

Es stellt sich die Frage, ob es legitim ist, in einer solchen Situation Urlaub zu machen. Von vielen Einheimischen war dazu ein klares „Ja“ zu hören. Nach Lava, Asche und Erbeben ist die nächste Katastrophe nämlich eine ökonomische. La Palma lebt von Landwirtschaft (vor allem Bananen; viele Plantagen, Zufahrtsstraßen und Wasserleitungen wurden zerstört) und eben Tourismus. Beide Wirtschaftszweige sind vom Vulkan schwer getroffen. Nicht nach La Palma zu kommen und den Urlaub abzusagen, ist daher für viele Einheimische ein Riesenproblem – auch wenn sie dafür sicherlich Verständnis haben.

Bis zu 80% Stornierungen soll es im Oktober gegeben haben. In Folge wurden Flugverbindungen gestrichen, Ferienhäuser standen leer, viele Restaurants und Geschäfte blieben geschlossen. Die wenigen Vulkan-Tourist*innen und internationalen Wissenschaftler*innen können das nicht ausgleichen.

Eine eher kleine Eruption, dafür ein großer Lavafluss.

Urlaub am Vulkan

Wie war dann letztlich der Urlaub gewesen? Dass es gar keine Einschränkungen gegeben hätte, wäre gelogen. Die nervige Asche, die nächtlichen, teils beängstigenden Erdbeben, umgeleitete Flüge… An zwei oder drei Tagen war der Ascheregen so unerträglich, dass nur die Flucht auf die andere Seite der Insel blieb.

Doch so schlimm und tragisch das Naturereignis ist, so faszinierend ist es auch. Nicht nur für die Tourist*innen, auch für die Einheimischen. Der letzte Vulkanausbruch auf La Palma liegt 50 Jahre zurück, entsprechend einzigartig ist das Ereignis für die Insel, deren Identität mit dem vulkanischen Ursprung eng verbunden ist.

An den Hotspots vor der Kirche in Tajuya und am Mirador El Time trafen sich jeden Abend Menschen, um das Glühen des Vulkans in der Dunkelheit zu bewundern. Erst zur Dämmerung wird aus dem grauen Ungetüm ein majestätisch leuchtender Kegel, der den Himmel über der Insel in rotes Licht taucht. Die Lavaströme werden in der Nacht sichtbar, zum Tosen und Donnern des Vulkans sieht man nun auch die Lavafontänen aus dem Krater heraus schießen.

Am Platz vor der Kirche in Tajuya trafen sich Sicherheitskräfte, Wissenschafter*innen, Anwohner*innen, Vulkan-Tourist*innen und die internationale Presse.

Jeder Tag ist anders. Mal sieht man viel, mal wenig. In der einen Nacht ist alles voller Wolken und Aschenebel, dann wieder ist klare Sicht bis in den Krater hinein. Die Kirche in Tajuya hat einen Vorplatz, von dem aus man freien Blick auf den Vulkan aus ca 3 Kilometer Entfernung hat. Näher kommt man kaum ran, wenn man nicht Wissenschaftler*in oder anderweitig berechtigt ist. Aber erst auf kurze Distanz bekommt man einen Eindruck von der Kraft der Naturgewalt.

Im Vordergrund Bananenplantagen nahe der Stadt Los Llanos, dahinter bedrohlich der Vulkan mit seinem Lavafluss.

Der Vulkan als Fotomotiv

Ein aktiver Vulkan in nahezu urbaner Umgebung ist keine alltägliche Gelegenheit. Dementsprechend reizvoll ist das Ereignis für fotobegeisterte Menschen. Vermutlich haben alle Kamerabesitzer*innen auf der Insel mehrere Nächte an den verschiedenen „Miradors“ mit Blick auf den Vulkan verbracht.

Ich musste feststellen, dass es dabei einiges zu beachten gibt. Zunächst mussten geeignete Standorte gefunden werden, was gar nicht so einfach war. Die direkte Umgebung um den Vulkan war Sperrgebiet, der Ortsteil Tajuya vermutlich die beste Möglichkeit, um nah heran zu kommen. Neben der überfüllten Kirchenterrasse ließen sich einige ruhigere Orte in der Nähe finden. Für eine andere Perspektive musste man weit um das Sperrgebiet herum fahren. Die Miradors El Time und La Punta bieten eine beeindruckende Weitsicht über das ganze Ausmaß der Katastrophe, die Lavafelder und das Zusammentreffen der Lava mit dem Meer.

Abendlicher Blick vom Mirador La Punta auf das Lavafeld. Im Hintergrund der Ortschaft Tazacorte ist der Vulkan nur verschwommen hinter Rauchschwaden zu sehen.

Aus dieser großen Entfernung (etwa 10 km) braucht man ein gutes Teleobjektiv, um bei Dunkelheit noch Details vom Vulkan erkennen zu können. Dazu braucht es eine ruhige Hand oder eben ein Stativ. Unterschätzt hatte ich die große Dynamik der Luminanz. Die 1200 Grad heiße Lava des Vulkans ist im inneren des Kraters extrem hell, während die nähere Umgebung nachts nur schwach durch die Lava angeleuchtet wird. Um beides erkennen zu können, kommt man um eine Belichtungsreihe kaum herum. Mehrere Aufnahmen des gleichen Motivs mit unterschiedlicher Belichtung können in der Nachbearbeitung zusammengefügt werden. So lassen sich detaillierte Lavaflüsse und -fontänen in dunkler Umgebung erkennbar machen.

Blick in den Krater des Vulkans

Ständiger unerwünschter Begleiter ist der Rauch und die Asche des Vulkans. Nicht nur, dass man um seine Lunge und die Ausrüstung Angst hat. Die feinen Partikel in der Luft sind auch ein echtes Hindernis für die Sichtweite. Über mehrere Kilometer Entfernung finden sich dermaßen viele Partikel zwischen Linse und Motiv, dass an scharfe Bilder nicht mehr zu denken ist. Daher war es an einigen Tagen bzw. Nächten unmöglich, brauchbare Fotos zu schießen.

Keine einfache Entscheidung ist auch die Wahl der Belichtungszeit. Ist sie zu kurz, wird das Bild zu dunkel oder verrauscht, ist sie zu lang, wird aus dem Vulkan ein zerflossener Brei und die Wirkung der explosionsartigen Eruption geht verloren. Eine halbe Sekunde bis Sekunde, oder auch etwas kürzer, kam mir als guter Kompromiss vor. Lavafontänen bekommen über die Bewegungsunschärfe Dynamik. Über Belichtungsreihen lassen sich weitere, länger belichtete Bilder kombinieren, auf denen zum Beispiel der Rauch oder die unmittelbare Umgebung deutlicher erkennbar sind.

Noch spannender als Fotos vom Vulkan werden meiner Meinung nach aber Videos. Erst durch die Bewegung sieht man den Vulkan arbeiten, wie sich Eruptionen ständig wiederholen in unaufhaltsamer Gleichmäßigkeit und doch jedes mal anders. Lava fließt, Asche steigt auf, der Berg verändert sich ständig.


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Die Drohne blieb übrigens die meiste Zeit am Boden. Zwar wären tolle Aufnahmen denkbar gewesen, die Behörden haben im Bereich um den Vulkan aber eine Flugverbotszone eingerichtet, um Flüge zu wissenschaftlichen oder Rettungszwecken freie Bahn zu verschaffen. Das sollte man respektieren. Ohnehin wäre es nicht möglich gewesen, die 3 km durchs Sperrgebiet zum Vulkan auf Sicht zu fliegen (was andere nicht davon abgehalten hat, es doch zu tun).

Spenden und Urlaub machen

Mit den Folgen des Vulkanausbruchs werden die Inselbewohner*innen noch viele Jahre zu kämpfen haben. Bleibt daher noch die Frage, wie man den Menschen auf La Palma helfen kann. Zum einen gibt es zahlreiche Möglichkeiten zu Spenden. Nachhaltiger wird es aber sein, trotz Vulkan einen Urlaub zu wagen. Zumindest haben wir das immer wieder von den Menschen gehört, die dort wohnen und arbeiten.

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